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Studie Jobcenterkooperationen

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Einordnung der BIWAQ-Projekte

Die BIWAQ-Projekte zeichnet generell aus, dass sie in benachteiligten Sozialräumen umgesetzt werden und auf teilweise offenen Strukturen basieren. Sie richten sich an eine heterogene Zielgruppe, deren Gemeinsamkeit in ausgeprägten und multiplen Vermittlungshemmnissen besteht, womit diese den arbeitsmarktfernen Jobcenter-Fällen entsprechen. Die konkreten BIWAQ-Angebote sind recht breit gefächert, weswegen sich auch ihre Nähe und Anschlussfähigkeit zu den Jobcenter-Angeboten unterschiedlich darstellt. Die prägnantesten Abgrenzungsmerkmale der BIWAQ-Projekte gegenüber Jobcenter-Maßnahmen bestehen in Niedrigschwelligkeit, Freiwilligkeit und teilweise offenen Angeboten. Im Rahmen ihrer Umsetzung kooperieren die BIWAQ-Projekte mit den lokalen Jobcentern, da sich die Angebote der BIWAQ-Projekte in erster Linie an den Personenkreis der Leistungsbeziehenden aus dem SGB II richten. Die Zusammenarbeit umfasst dabei sowohl die Zuweisung von potenziellen Teilnehmenden als auch die Abstimmung zwischen der Förderung in den BIWAQ-Projekten und den Vermittlungsarbeiten im Jobcenter.

Konzipierung, Zuweisung und Gewinnung von Teilnehmenden

Allgemein kommt den Jobentern im Rahmen der Konzipierung der BIWAQ-Projekte nur eine geringe Bedeutung zu. Zwar treffen die beteiligten Institutionen – Kommune, Teilprojektträger und Jobcenter – zu Beginn eine Kooperationsvereinbarung, doch erweist sich deren wahrgenommener Nutzen hinsichtlich der praktischen Zusammenarbeit mit den Jobcentern als eher gering. Auch eine Zertifizierung von Maßnahmen gemäß AZAV (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung) ist für die Jobcenter kein entscheidendes Kriterium für die Kooperation im Rahmen von BIWAQ, da diese Projekte nicht direkt im Auftrag der Jobcenter durchgeführt werden.
Bezüglich der Gewinnung von Teilnehmenden für die BIWAQ-Projekte sind im Wesentlichen eine niedrigschwellige und sozialraumnahe Eigenakquise durch die Teilprojektträger sowie Mundpropaganda unter den Anwohnerinnen und Anwohnern im Quartier bedeutsam. Dagegen tragen die Jobcenter in den meisten Regionen eher weniger zur Teilnehmendenakquise bei. Zwar empfehlen die Integrationsfachkräfte potenziell geeigneten Personen eine Teilnahme am BIWAQ-Projekt, allerdings weisen sie diese nur sehr selten formal zu, wie dies bei Jobcenter-Maßnahmen der Fall ist.
Für das interne Controlling der Jobcenter sind die BIWAQ-Zuweisungen meist irrelevant, und auch bei der Maßnahmenplanung der Jobcenter spielen die BIWAQ-Projekte nur eine untergeordnete Rolle, weswegen die institutionellen Anreize für eine Zuweisung in die BIWAQ-Projekte aufseiten der Jobcenter als gering einzustufen sind. Dies stellt einen bedeutenden Nachteil für die BIWAQ-Projekte dar. Hinzu kommt in manchen Jobcentern eine hohe Personalfluktuation, die bisweilen bedingt, dass die neuen Vermittlungsfachkräfte nicht über die Möglichkeiten der BIWAQ-Projekte informiert sind. Eine grundlegende inhaltliche Konkurrenz der BIWAQ-Projekte zur Regelförderung besteht allerdings kaum. Lediglich bei „Maßnahmen zur Aktivierung und aktiven Eingliederung“ lassen sich einige Überschneidungen feststellen, die jedoch nicht so gravierend sind, dass es zu einer grundlegenden Konkurrenz käme.

Abstimmung im Projektverlauf

Die Abstimmung zwischen den Institutionen im Projektverlauf umfasst vor allem die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit und die Koordinierung von Maßnahmen. Für die Jobcenter stellt zudem die Zuweisung von Teilnehmenden ein relevantes Thema dar. In etwa der Hälfte der Projekte stimmen die Teilprojektträger die BIWAQ-Inhalte mit den in den Jobcentern genutzten Förder- bzw. Integrationsplänen ab. Sofern darüber hinaus auch einzelfallbezogene Austausche stattfinden, befassen sich diese in der Regel mit den individuellen BIWAQ-Zielen und -Inhalten in Bezug auf einzelne Teilnehmende. Faktische Förderketten hinsichtlich der Einbindung des lokalen BIWAQ-Projekts in die Jobcenter bilden dagegen eher die Ausnahme.

Ziele der BIWAQ-Förderung

Sowohl Jobcenter als auch Kommunen und Teilprojektträger sehen die Ermöglichung sozialer Teilhabe als relevantes Ziel von BIWAQ an. Ein geeignetes Instrument zur Ermöglichung von direkten Übergängen in den Arbeitsmarkt stellt BIWAQ jedoch vor allem aus Sicht der Teilprojektträger und Kommunen dar, während die Jobcenter den Nutzen von BIWAQ vor allem bei niedrigschwelligen Zielen unterhalb der Vermittlung in Beschäftigung sehen. Letzteres hat negative Auswirkungen auf die Zuweisung von Teilnehmenden in die BIWAQ-Projekte durch die Jobcenter, da die jobcenterinterne Arbeit wesentlich auf der Vermittlung in Qualifizierungsmaßnahmen und Beschäftigung fußt. Für eine klare Abgrenzung von Jobcenter-Angeboten empfehlen sich daher im Rahmen von BIWAQ vor allem Angebote zur Beratung und Lösung individueller Problemlagen, die eher eine mittelfristige Integration in Beschäftigung vorbereiten.

Handlungsempfehlungen

  • Für den erfolgreichen Wissenstransfer zwischen den Projekten ist insbesondere der praktische Austausch auf der operativen Ebene wichtig. Wir empfehlen daher, einen solchen Austausch zwischen einzelnen Projekten strukturell zu unterstützen. Durch Erfahrungsberichte ließen sich praxisorientierte Impulse austauschen und gleichzeitig die Motivation für deren Implementation steigern. Ein wichtiges bestehendes Instrument, das für diesen Zweck genutzt werden könnte, sind die jährlichen BIWAQ-Werkstätten. Die stärkere Einbindung von operativem Personal oder auch die Bildung von „Tandem-Projekten“ sind Ansatzpunkte, dieses Format gerade mit Blick auf die Stärkung der Kooperationsstrukturen weiterzuentwickeln.
  • Die Stärken der BIWAQ-Projekte liegen in der wohnortnahen und niedrigschwelligen Ansprache von unterschiedlichen, teils stark benachteiligten Zielgruppen. Die Zusammenarbeit mit den Jobcentern könnte vermutlich verbessert werden, wenn BIWAQ (noch) stärker auf vorqualifizierende Maßnahmen und den Abbau von Vermittlungshemmnissen ausgerichtet würde. Auf diese Ergebnisse könnten weitere Maßnahmen und Aktivitäten der Jobcenter aufbauen, so dass die Angebote von BIWAQ und Jobcentern noch stärker als komplementär wahrgenommen werden. Im Umkehrschluss würde eine solche Ausrichtung nahelegen, die Vermittlungsziele der BIWAQ-Projekte zu reduzieren. Zugleich würde so der Fehlanreiz reduziert, sich auf arbeitsmarktnahe Zielgruppen zu konzentrieren, die sich auch im Rahmen von BIWAQ leichter in Beschäftigung integrieren lassen.
  • Das Controlling der Maßnahmenbesetzung in den Jobcentern birgt das Risiko, dass es zu Reibungsverlusten in der Zusammenarbeit mit den BIWAQ-Projekten kommt, da diese in der Regel keinen zählbaren Beitrag zur Zielerreichung der Jobcenter leisten. Um aufseiten der Jobcenter mehr institutionelle Anreize für eine Vermittlung in die BIWAQ-Projekte zu schaffen, wäre es sinnvoll, zumindest die Möglichkeit zu prüfen, ob und wie sich ggf. eine BIWAQ-Teilnahme in deren Controlling integrieren ließe. Da dies technisch durchaus voraussetzungsvoll ist, besteht eine niedrigschwellige Alternative darin, zumindest einen systematischen Austausch von Informationen zu Teilnehmenden zwischen Jobcentern und BIWAQ-Projekten zu etablieren, um sicherzustellen, dass beide Seiten über die Zusammensetzung und Aktivitäten der Teilnehmenden in den BIWAQ-Projekten informiert sind.
  • Auch wenn der Abschluss einer formellen Kooperationsvereinbarung im Rahmen der BIWAQ-Projekte verpflichtend ist, zeigen die Studienergebnisse, dass diese kaum einen Einfluss auf die eigentliche Kooperationspraxis hat. Daher könnte es sinnvoll sein, wesentliche Aspekte der Zusammenarbeit möglichst verbindlich in einem solchen Dokument zu regeln. Dies könnte Aspekte betreffen wie die Art und Frequenz der Präsentation der BIWAQ-Projekte im Jobcenter, die Organisation eines regelmäßigen Austauschs auf operativer Ebene und die Definition von konkreten Ansprechpersonen und Erreichbarkeiten unter allen Beteiligten. Entscheidend ist es dabei, dass vor allem der regelmäßige und persönliche Austausch auf der operativen Ebene von Teilprojektträgern und Jobcentern geregelt und stimuliert wird, da dieser maßgeblich ist für das Gelingen der Kooperation in der Projektumsetzung.

Zusatzinformationen

Kontakt

Nora Spielmann
Referat RS 4 - Städtebauförderung, Soziale Stadtentwicklung

Telefon: +49 228 99401-1437


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